Texte von Bohumil Hrabal (Solo-Lesung)
„Ich habe den englischen König bedient“ & „Tanzstunden für Erwachsene ..“
Wolfram Berger liest Bohumil Hrabal:
"Der Sieg setzt sich nur aus Schlägen zusammen."
„Ich habe den englischen König bedient“
(ein literarisches Meisterwerk und ein Jahrhundertroman)
Pikkolo im Goldenen Prag
Ich-Erzähler des Romans ist ein Kellner, der uns seine Lebensgeschichte schildert, und er schildert sie als eine endlose Folge von Momenten des Genusses. Er ist etwa fünfzehn, als er im Hotel „Goldenes Prag“ einer böhmischen Kleinstadt als Pikkolo, also: Hilfskellner, beginnt. Er bringt es zum millionenschweren Hotelier, und er endet, geläutert, in der Einsamkeit der böhmischen Wälder, wo er zum Schriftsteller wird. Der Pikkolo ist körperlich klein, so klein, dass er diesen Defekt durch doppelt besohlte Schuhe und einen stets hochgereckten Hals auszugleichen versucht. Aber was hilft’s: Er heißt „Dítě“, zu deutsch „Kind“, und das ist sein großer Kummer, denn er strebt nach Höherem.
Jiri Menzel, der 1966 bereits die Erzählung "Reise nach Sondervorschrift" von Bohumil Hrabal unter dem Titel „Scharf beobachtete Züge“ verfilmt hatte und dafür 1968 den Oscar für den besten ausländischen Film erhielt, adaptierte 2006 auch den Roman "Ich habe den englischen König bedient" fürs Kino.
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„Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene“
(ein virtuoses Kunststück in Schwejk-Manier, eine literarische Lustbarkeit)
„Mein Fräulein, das Leben ist schön .. zum Verrücktwerden schön – nicht daß es so wäre, aber ich seh´s so ..“
Ein alter Schuster, namenlos, aber leicht zu identifizieren als Hrabals „Onkel Pepin“-
(Onkel Pepin, der für zwei Wochen zu uns kam und fünfundzwanzig Jahre blieb ..)
hält einem „Fräulein“ einen pausenlosen Monolog, erzählt atemlos, was ihm gerade einfällt, in der unausgesprochenen, aber deutlichen Absicht, dem jungen Mädchen seine ungebrochene Virilität zu beweisen .. erotische Erlebnisse mit den begehrtesten Frauen des Landes, seine Soldatenzeit bei der größten Armee der Welt unter Franz Joseph, seine Lehrzeit, naive und skurrile Erinnerungsfragmente der k.u.k.-Zeit und der jungen Republik...
.. alles in einem Satz .. knapp neunzig Seiten ohne jeden Punkt - im tschechischen Original sogar ohne jedes Komma.
„.. Die Sonne ging unter und Fräulein Kamila stand auf der Leiter und lächelte auf den Greis hinab, der ihr täglich Rosen brachte, die er in fremden Gärten pflückte ..“ ..
„Ich bin eigentlich ein Taschendieb .. “
Bohumil Hrabal
geb. 28.März 1914 in Brünn (Brno) gest. am 3.Februar 1997 in Prag,
gilt als einer der bedeutendsten tschechischen Autoren des 20. Jahrhunderts.
In seiner Heimat gehört Hrabal, Jahrgang 1914, der wie Kundera im mährischen Brünn geboren wurde, zu den meistgelesenen Autoren.
Auch die Jahre, in denen seine Werke nur in den Typoskript-Ausgaben der „Edice Petlice“, des tschechischen Samisdat, kursieren konnten, haben seiner Popularität keinen Abbruch getan. Bekannt wurde er 1963 mit seinem ersten Erzählungsband, und in den darauf folgenden Jahren konnte er vieles von dem veröffentlichen, was er bis dahin geschrieben hatte. Bis 1968 entstanden sieben Bücher mit zumeist kurzen Texten, in denen er aus der Perspektive der „kleinen Leute“ das ganz normale Leben in seiner oft so überraschenden Absurdität schilderte. Einen „Hašek des Sozialismus“ hat man ihn genannt, weil er unter der Tarnkappe scheinbarer Naivität mit großer Leichtigkeit und in oft derb-witziger Form Wahrheiten auszusprechen wagte, deren Sprengkraft durch groteske Übersteigerung und burleske Komik nur scheinbar abgefedert wurde. Als Erbe des Jaroslav Hašek, der den „Schwejk“ erfunden hat, gilt Hrabal aber auch wegen seines eigenwilligen umgangssprachlichen Erzähltons, dessen Vorbild das schon von Hašek fruchtbar gemachte „Kneipengespräch“ ist.
Bohumil Hrabal