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Mit "Sündenfälle" führt das Wiener Kabinetttheater einen neuen Figuren-Hund, den plaudernden Kretin, auf der Bühne ein. Des Weiteren zehn Minidramen, Wolfram Bergers Sprach- und Körperartistik und den polnischen Autor Konstanty Ildefons Galczynski.
Wien - Nikolai Iwanowitsch ist jener Herr, "in dessen Rücken nichts ist, nicht einmal der Äther des Weltraums". Ja, das Nichts ist rund um Nikolai Iwanowitsch: "Völlige Abwesenheit jeglicher Anwesenheit." Völlige Abwesenheit jeglicher Anwesenheit selbst in Nikolai Iwanowitsch: "Auch im Inneren von Nikolai Iwanowitsch war nichts. Ist nichts gewesen." Weshalb es gut möglich sein mag, "dass es Nikolai Iwanowitsch nicht gibt und nie gegeben hat". Nikolai Iwanowitsch ist, müßig es zu erwähnen, ein Geschöpf aus der Feder des St. Petersburgers Daniil Charms. Und Nikolai Iwanowitsch ist derzeit zu Gast in der Porzellangasse. Oder nicht.
Dort gleicht die Situation der seinen wenig: drangvolle Anwesenheit jeglicher Anwesenheit im Kabinetttheater, Wiens - man kommt nicht umhin, es stets aufs Neue, verwundert stets aufs Neue, zu konstatieren, (und hätte, der größeren Glaubwürdigkeit und des angenehmeren Schreibens wegen gern eine Abweichung festgehalten, einen kleinen Ausfall) - einziger Bühne mit Grandiositätsgarantie: Die dünnbeinigen Gartenstühle in der Fabrikswohnung von Prinzipalin Julia Reichert besetzt bis auf das letzte geblümte Sitzkissen (leider bereits wieder alle Juni-Vorstellungen. Doch für den noch unbekannten Herbsttermin werden bereits Reservierungen akzeptiert.
Was gibt es sonst noch zu berichten? Sündenfälle, das jüngste Programm des Figurentheaters (auf dem sich zunehmend Menschen tummeln, in der Rolle des "seltsamen Kellners" etwa brilliert Kurt Blauensteiner nach jahrelangen Proben im benachbarten Gasthaus Stomach, am Akkordeon Klangforum-Akkordeonist Krassimir Sterev und in diversen Götter-Rollen an der Seite von Göttin Sandra Bra: Wolfram Berger, dessen diverse TV-Auftritte, beziehungsweise ihre Umschiffung, die herbstliche Spielplangestaltung bestimmen werden. Regie führte Thomas Reichert) ), Sündenfälle also, das jüngste Programm der Menschen- und Puppenbühne (Puppen!) präsentiert zehn brandneu inszenierte Minidramen, neben Texten von Charms jene hier gänzlich unbekannten Meisterdramolette des Konstanty Ildefons Galczynski, eines polnischen Antonio Fian der Nachkriegszeit, der sein "Kleintheater die Graue Gans" allwöchentlich in einer satirischen Zeitschrift aufschlug.
Auch dessen Entdeckung ist eine Erzählung wert: Aufgestöbert und in die Porzellangasse geschickt hat Galczynski der Linzer Autor Andreas Jungwirth in Berlin, wo in der DDR in den Sechzigerjahren eine erste Übersetzung herausgekommen war. Der Rest der Besprechung fehlt. Und aus.
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