Stimmen aus Kakanien

Geistiger Umsturz. Moosbrugger tanzt

Auch wer im Allgemeinen kein Freund von Hörbüchern ist, wird diese Aufnahme schätzen;
Denn Berger liest so unprätentös wie präzis, im sanften Singsang seiner Heimat und mit eminentem Gespür für den Rhythmus von Musils Sprachmusik.
Fast unmerklich gerät man in den Sog des Romans, und seine Mischform aus Erzählung und Essay verliert alle Schrecken.

Mehr noch:
Man nimmt den so ausserordentlich dicht gewobenen und streng gefügten Text übers Ohr gelöster wahr als mit dem kritischen Auge ? und bemerkt seine Qualitäten als lebendiges, gesprochenes Wort.
Vor allem aber vermittelt Berger, wie durh und durch ironisch dieser Roman ist, wie clownesk seine Umständlichkeit, wie subversiv seine Systematik.

...und plötzlich ertappen wir uns bei der Vorstellung, uns gegenüber säße,
den Kopfhörer über dem rundlichen Schädel, Marcel Reich Ranicki und lauschte dieser Prosa:
Gespannt, bewegt, vergnügt sogar
Statt immer nur fuchtelnd auf uns einzureden.

(Manfred Papst,NZZ Zürich 25.7.2004)


.. der Roman ist ein stilistisches Fest.
Vorgelesen wird er zur Pracht.
Musils Stil ist unübertroffen elegant, genau, witzig.
Sogar Thomas Mann gestand das seinerzeit zu,ziemlich neidisch übrigens.
Jetzt hat man die Chance, diesen "Mann ohne Eigenschaften" wirklich zu erleben.
Man sollte die Gelegenheit nutzen.
Eine bessere, schönere wird es so bald nicht wieder geben.

Joachim Scholl, NDR Hörfunk Kultur, 22.7.2004


Unglaublich facettenreichen Vorleser.

"Eine einmalig günstige Chance; dank einem unglaublich facettenreichen Vorleser einen manchmal doch sperrigen Jahrhundertroman zu packen, bei dem so mancher Leser auf der Strecke blieb.

Stuttgarter Nachrichten, 17.11.2004


Mit Musil im Ohr durch die Welt gehen.

"Kann das gehen, sich einen der bedeutendsten, komplexesten, längsten Romane vorlesen zu lassen, dessen erster Teil (das heißt die ersten 123 Kapitel, 665 Seiten, veröffentlicht 1930) nicht weniger als 35 Stunden und 40 Minuten benötigt? Der Verfasser, eben im 107. Kapitel, proklamiert ein entschiedenes, selbst überraschtes Ja. Mit Musil im Ohr durch die Welt zu gehen, muss hier sogar als Sondervergnügen angezeigt werden ... Zum Vergnügen gehört hier auch Handlichkeit, die vielen Stunden auf bloß zwei MP3-CD verfügbar zu haben, außerdem das mit Geschmack und Liebe zum Detail gefertigte Begleitbuch, das der Verlag Zweitausendeins um die Datenträger gebastelt hat und zu einem für so viel Qualität beschämenden Preis anbietet."

Fono Forum


Ein rares Kunstwerk.

"Dank Wolfram Berger wurde dieses gewagte Projekt zu einem raren Kunstwerk sprachlicher Improvisation mit dem Text als Partner ... ein rares Erlebnis!"

Der Standard


Akustische Großtat.

"Aus Wolfram Bergers Lesung geht bemerkenswerterweise schon in den ersten Minuten hervor, dass hier ein Schauspieler aufs Beste mit seinem Text übereingekommen ist ... Dass Berger wiederum, ohne zu chargieren, jeder einzelnen Gestalt aus der Figurenfülle des Buchs eine eigene Stimme zu verleihen versteht, macht das Hörbuch zu einem Höhepunkt in der jüngeren Geschichte des Genres ... Am Ende des vergangenen Jahrhunderts haben Kritiker in einer Umfrage den 'Mann ohne Eigenschaften' mehrheitlich zum bedeutendsten deutschsprachigen Roman seit 1900 gekürt, vor Manns 'Zauberberg' etwa und vor den Erzählwerken Kafkas. Die seit über zwei Jahrzehnten erhältliche Taschenbuchausgabe hat inzwischen die 18. Auflage erreicht. Die neue Hörfassung scheint also lediglich zu bestätigen, dass wir es bei dem Roman mit einem ganz und gar unumstrittenen Klassiker zu tun haben ... (eine) akustische Großtat."

Frankfurter Allgemeine Zeitung


... schließlich ist sein Erzähler ein quecksilbriges Medium, das zwischen erzählerischen und reflexiven Partien wechselt, zwischen Innen- und Außensicht seines Personals oszilliert und sich noch den gegensätzlichen Figuren anschmiegt das wieder zurück in die Psyche seiner Hauptfigur schlüpft, ehe es sich auch von dieser mit einem Augenzwinkern verabschiedet.

Noch so raffinierte Satzgefüge macht Bergers Stimme durchsichtig,
noch so ungewöhnliche Vergleiche lebendig.

Geradezu federleicht erscheint mit einem Mal die ausschweifende Reflexionsakrobatik der essayistischen Kapitel.
Das häßlich Wort von der "Durchhörbarkeit" - hier bekommt es einen neuen Sinn.

Oliver Pfohlmann, Frankfurter Rundschau, 29.6.2004


Moderne schlägt Postmoderne: Zwei ehrgeizige Hör-Versionen von Robert Musils "Der Mann ohne Eigenschaften"

Es ist keine Schande, bei Robert Musils Roman «Der Mann ohne Eigenschaften»
nicht bis zum Schluss durchgehalten zu haben. Der Autor selbst konnte das Buch
nicht zu Ende bringen. Allein der erste Band und die wenigen Kapitel des zweiten, die er zu Lebzeiten veröffentlicht hat, sind in der Taschenbuchausgabe mehr als tausend Seiten lang. Fast noch einmal so viele waren geplant. Als Musil am 15. April 1942 im Genfer Exil starb, hinterließ er rund 6.500 Blätter mit Notizen und Entwürfen. Freundliche Kritiker deuten das unfreiwillig Fragmentarische des
Buchs bis heute als Signum der Moderne, von deren Umbrüchen Musil erzählt.
Gleich zu Beginn des Romans wird klar, dass es um eine neue Zeit geht. Als
Ulrich, die Titelfigur, dem Leser zum ersten Mal begegnet, steht er am Fenster seines Hauses, eines kleinen feudalen Jagdschlösschens. Er schaut den Autos und Straßenbahnen nach und fragt sich, wie man den Einfluss dieser chaotischen Sinnesreize auf den Menschen messen könnte. «Der Mann ohne Eigenschaften» erzählt vom Untergang des alten Europa und spielt in Wien am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Vor den Augen des seltsam unbeteiligten Beobachters Ulrich entfaltet Musil ein Gesellschaftsbild der österreichisch-ungarischen Monarchie, die er liebevoll-ironisch «Kakanien» nennt.
Die Szene am Fenster taugt auch für den Vergleich zweier Hörfunk- und Hörbuch-Großprojekte, die sich Musils auf ganz unterschiedliche Weise angenommen
haben. Bereits im April hat Zweitausendeins den 123 Kapitel umfassenden
ersten Band des «Mannes ohne Eigenschaften», gelesen von Wolfram
Berger, als CD-Edition herausgebracht. Beim Bayerischen Rundfunk ist in den
nächsten Wochen ein 20-stündiger Remix des Romans mit Lesungen einzelner
Kapitel, Gesprächen mit verschiedenen Musil-Experten und viel Material aus
dem Nachlass zu hören, der zugleich als CD-Box mit einem Begleitband bei
Belleville und dem Hörverlag erschienen ist. Wenn man am Fenster stünde, würde Wolfram Bergers Stimme von hinten, wie aus dem Echoraum des 19. Jahrhunderts, herüberklingen. Katarina Agathos und Herbert Kapfer dagegen, die Redakteure und Herausgeber des Remix, breiten ihr Material vor den Hörern aus und bemühen sich um eine offene Erzählform, die mit Montageästhetik an die zersplitterte Wahrnehmung der Moderne anknüpft. Zweitausendeins setzte mit dem «Mann ohne Eigenschaften» den Auftakt für eine Reihe von CD-Editionen, die erstmals das komprimierte MP3-Format für den Hörbuchsektor nutzen. Die Lesung von 35 Stunden und 40 Minuten, was etwa 32 herkömmlichen Audio-CDs entspricht, ist auf zwei MP3-CDs zu haben. Doch dieser Schnäppchen-Appeal sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vom Hessischen Rundfunk und dem Rundfunk Berlin Brandenburg realisierte Lesung (Regie: Hans Drawe) äußerst sorgfältig produziert wurde. Feinste Zwischentöne Der Grazer Schauspieler Wolfram Berger, der mit einer leichten Akzentfärbung den richtigen Grundton für Musils «Kakanien» mitbringt, verleiht dem Text mit höchster Konzentration und großer Gelassenheit eine wunderbare Eleganz. Er verfügt über eine Sicherheit noch in den feinsten Zwischentönen, die ihm weit ausholende und dabei jederzeit leichte Bögen erlaubt, getragen von einer Ironie, die nie wichtigtuerisch oder herablassend klingt. Es ist eine paradoxe Erfahrung, diesem begnadeten Salon-Erzähler zuzuhören, dessen Vortragskunst eben jener Epoche anzugehören scheint, von deren Untergang Musils Roman berichtet.

Theater HEUTE / Dez. 2004


Das Material freudig überraschen

Standard-Interview mit Cornelia Niedermaier
Der Standard, 20./21. August 2004

alt


"Manche Leute würden lieber sterben als nachdenken. Und sie tun es auch."

IMPRESSUM