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Cornelia Niedermeier, 5./6. Juni 2004
Völlige Anwesenheit
   
Mit "Sündenfälle" führt das Wiener Kabinetttheater einen neuen Figuren-Hund, den plaudernden Kretin, auf der Bühne ein. Des Weiteren zehn Minidramen, Wolfram Bergers Sprach- und Körperartistik und den polnischen Autor Konstanty Ildefons Galczynski.

Wien - Nikolai Iwanowitsch ist jener Herr, "in dessen Rücken nichts ist, nicht einmal der Äther des Weltraums". Ja, das Nichts ist rund um Nikolai Iwanowitsch: "Völlige Abwesenheit jeglicher Anwesenheit." Völlige Abwesenheit jeglicher Anwesenheit selbst in Nikolai Iwanowitsch: "Auch im Inneren von Nikolai Iwanowitsch war nichts. Ist nichts gewesen." Weshalb es gut möglich sein mag, "dass es Nikolai Iwanowitsch nicht gibt und nie gegeben hat". Nikolai Iwanowitsch ist, müßig es zu erwähnen, ein Geschöpf aus der Feder des St. Petersburgers Daniil Charms. Und Nikolai Iwanowitsch ist derzeit zu Gast in der Porzellangasse. Oder nicht.

Dort gleicht die Situation der seinen wenig: drangvolle Anwesenheit jeglicher Anwesenheit im Kabinetttheater, Wiens - man kommt nicht umhin, es stets aufs Neue, verwundert stets aufs Neue, zu konstatieren, (und hätte, der größeren Glaubwürdigkeit und des angenehmeren Schreibens wegen gern eine Abweichung festgehalten, einen kleinen Ausfall) - einziger Bühne mit Grandiositätsgarantie: Die dünnbeinigen Gartenstühle in der Fabrikswohnung von Prinzipalin Julia Reichert besetzt bis auf das letzte geblümte Sitzkissen (leider bereits wieder alle Juni-Vorstellungen. Doch für den noch unbekannten Herbsttermin werden bereits Reservierungen akzeptiert.

Was gibt es sonst noch zu berichten? Sündenfälle, das jüngste Programm des Figurentheaters (auf dem sich zunehmend Menschen tummeln, in der Rolle des "seltsamen Kellners" etwa brilliert Kurt Blauensteiner nach jahrelangen Proben im benachbarten Gasthaus Stomach, am Akkordeon Klangforum-Akkordeonist Krassimir Sterev und in diversen Götter-Rollen an der Seite von Göttin Sandra Bra: Wolfram Berger, dessen diverse TV-Auftritte, beziehungsweise ihre Umschiffung, die herbstliche Spielplangestaltung bestimmen werden. Regie führte Thomas Reichert) ), Sündenfälle also, das jüngste Programm der Menschen- und Puppenbühne (Puppen!) präsentiert zehn brandneu inszenierte Minidramen, neben Texten von Charms jene hier gänzlich unbekannten Meisterdramolette des Konstanty Ildefons Galczynski, eines polnischen Antonio Fian der Nachkriegszeit, der sein "Kleintheater die Graue Gans" allwöchentlich in einer satirischen Zeitschrift aufschlug.

Auch dessen Entdeckung ist eine Erzählung wert: Aufgestöbert und in die Porzellangasse geschickt hat Galczynski der Linzer Autor Andreas Jungwirth in Berlin, wo in der DDR in den Sechzigerjahren eine erste Übersetzung herausgekommen war. Der Rest der Besprechung fehlt. Und aus.

 

 kurzer rede 1© Nikola Milatovic

Foto ©_Nikola_Milatovic

 

 

Ein Karl Valentin-Abend mit Wolfram Berger, Oskar Aichinger
und dem Team des Kabinetttheaters.


Auf der einen Seite Wolfram Berger, dessen verschiedenste Valentin-Abende seit 40 Jahren legendär sind, auf der anderen Seite Oskar Aichinger, dem vielseitigen Musiker am Klavier Zwischen den beiden der Kabinetttheater-Flügel, der zu einem Teil der Bühne wird.

kurzer rede 3 © Nikola Milatovic
Foto ©_Nikola_Milatovic


Schauspiel: Wolfram Berger
Musik: Oskar Aichinger
Spiel: Walter Kukla, Michaela Mahrhauser
Hospitanz/Spiel: Alban Beqiraj
Regie: Thomas Reichert
Assistenz: Dinah Pannos
Bühnenbild: Patrick Breiler, Harald Leibinger, Julia Reichert
Kostüm: Burgis Paier
Technik: Nicolai Maierhofer

 kurzer rede 2© Nikola Milatovic

 kurzer rede 4© Nikola Milatovickurzer rede 5 © Nikola Milatovic
Fotos ©_Nikola_Milatovic

* Kurzer Rede langer Sinn. Texte von und über Karl Valentin.
Hrsg. v. Helmut Bachmaier, Verlag Piper, München 1990.

 

Aufführungsrechte: Bühnen- und Musikverlag Hans Pero, Wien.

www.kabinetttheater.at

 


 

Presse:


Kleine Zeitung 28.07.2013

Valentins Panoptikum genial gedeutet

Wolfram Berger und das Kabinetttheater zelebrierten bei "La Strada" Karl Valentin.

GRAZ. Wolfram Bergers Valentin-Programm hat Kultstatus. Julia Reicherts Kabinetttheater ist Garant für literarische Bühnenadaptionen auf höchstem Niveau. Und Christian Bakanic kennt man als grandiosen Akkordeonisten von Trio Infernal, Folksmilch oder Mala Junta.

Wenn solche Künstler unter dem Motto "Kurzer Rede langer Sinn" eine Karl Valentin-Hommage "im Panoptikum der bewegten Sachen" gestalten, dann erwartet man Großes. Und wird nicht enttäuscht.

Natürlich wird bei Berger weder imitiert noch rezitiert. Er sinniert, philosophiert und "dischkuriert" als ob ihm die Texte grad selbst eingefallen wären. Mit soviel Witz und Originalität, dass der (gefürchtete) Vergleich mit Valentins Darstellung sich niemals aufdrängt. Zugleich mit soviel Kenntnis von dessen schräger Sicht auf die Dinge, dass hinter der oberflächlichen Komik, die manchmal ins fast Kasperlhafte (im besten Sinne) geht, der Valentin'sche Tiefsinn hervorleuchtet. Das Publikum darf sich also am "Winterzahnstocher" und dem "Elektrischen Nasenbohrer" ebenso erfreuen, wie an der pseudo-geistreichen und worthülsenreichen Vereinsrede an die "Gästinnen und Gäste" oder am Traum vom Weltuntergang, die Valentin als Vertreter von Dekonstruktion und konkreter Poesie zeigen, lange bevor es die Begriffe gab.

Das Kabinetttheaterteam unter der Regie von Thomas Reichert hatte sich zum Ziel gesetzt, Valentins metaphernreiche Sprache umzusetzen, ohne sie zu illustrieren. Das gelang mit einem lustvollen Ambiente aus Klappmaulpuppen, reitendem Teufel, flatterndem Engel, sich begattenden Löwen, einer kämmenden und harfenden Loreley, in eine Gletscherspalte stürzenden Ausflüglern und anderen Schrägheiten. "Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen", konstatierte Karl Valentin so treffend. So kann nur wiederholt werden: Wolfram Berger, das Kabinetttheater und Christian Bakanic sind wirklich so genial. Wie eh schon alle gesagt haben. Und daher leider auch ausverkauft. EVA SCHULZ

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Kurzer Rede langer Sinn
Karl Valentin
2012
mit dem Kabinetttheater Wien


Die Eisprinzessin
von F. K. Waechter
mit dem Kabinetttheater Wien


Onkel Wanja
Anton Tschechow
2007
Stadtheater Klagenfurt
Rolle: Wanja
Regie: Dietmar Pflegerl


Freiheit in Krähwinkel
Johann Nestroy
2005
Volkstheater Wien
Regie: Michael Schottenberg
Rolle: Ultra


Sündenfälle
2004

Das Kabinetttheater Wien wurde 2004 mit dem Nestroy-Preis für die beste Off-Theater-Produktion ausgezeichnet

Der eingebildete Kranke


2004
Sommertheater Haag


Der Mann ohne Eigenschaften


2001
Theater in der Josefstadt
Regie: Jürgen Kaizik
Rolle: Moosbrugger


Das Wunder von Hernals


2000
"Kulisse" in Wien
Regie: Michael Schottenberg
Rolle: Karli


Zur schönen Aussicht
Oedön v. Horvath

1969
Uraufführung in Graz
Rolle: Karl
Basler Theater
Rolle: Max


Kaspar
Peter Handke

Österr. Erstaufführung. In Graz
Regie: Dr. Gerald Szyskowitz


Kasimir und Karoline
Horvath

Vereinigte Bühnen Graz

Rolle: Kasimir


Eisenwichser
H. Henkel

Uraufführung Basler Theater
Regie: Horst Siede


Frühlingserwachen
F. Wedekind

Basler Theater /Theatertreffen Berlin
Regie: Niels Peter Rudolph
Rolle: Moritz Stiefel


Liebelei
A. Schnitzler

Basler Theater /
Theatertreffen Berlin

Regie: Hans Hollmann
Rolle: Theodor


Geschichten aus dem Wienerwald
Oedön v. Horvath

Basler Theater / Hans Hollmann
Rolle: Oskar


Was ihr wollt
W. Shakespeare

2x Basler Theater
Regie: W. Düggelin / Stefan Müller /
(Dir. F. Baumbauer)
Rolle: Bleichenwang (1973)
Narr (1991)


Richards Korkbein
Brendan Behan

Basler Theater / Rolf Stahl
Rolle: Cronin


Alchimist
B. Johnson

Basler Theater / Jiri Menzel
Rolle: Face


Die letzten Tage der Menschheit
Karl Kraus

Basler Theater / Theatertreffen Berlin
Regie: Hans Hollmann
Rolle: 52 verschiedene Rollen


Die beiden Nachtwandler
Nestroy

Theater am Neumarkt / Dieter Bitterli
Rolle: Faden


Cyankali
F. Wolf

Theater am Neumarkt Zürich /
Theatertreffen Berlin


Der zerbrochene Krug
Kleist

Staatstheater Stuttgart
Regie: Alfred Kirchner


Sommernachtstraum
W. Shakespeare

Staatstheater Stuttgart /
A. Kirchner

Rolle: Zettel


Lieber Georg
Thomas Brasch

Schausp. Bochum /
Theatertreffen Berlin/Mühlheimer Theatertage

Regie: M. Karge/M. Langhof


Frühlingsfest
G. Reinshagen

Schausp. Bochum / Claus Peymann


Fledermaus
Johann Strauss

Basler Theater / Herbert Wernicke
Rolle: Alfred


Sommernachtswut
Urs Widmer

Uraufführung
"steirischer herbst" - Graz

Regie: Peter Schweiger
Rolle: Bottom


Fledermaus

Grazer Oper
Rolle: Frosch


 

Man braucht sehr lange, um jung zu bleiben (Picasso)

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